Im Bereich des ergonomischen Hardware-Designs dreht sich die Diskussion häufig um die „Körperhaltung“ – insbesondere um den Winkel des Handgelenks. Die Biomechanik der Bewegung ist jedoch oft klinisch relevanter als die statische Körperhaltung.
Die Nutzung von Tastatur und Maus besteht letztendlich aus Tipp-, Druck- oder Greifbewegungen unserer Fingerspitzen. Ist die Körperhaltung zwar „neutral“, erfordert die Bewegung aber übermäßigen Kraftaufwand, geht der ergonomische Vorteil verloren.
Nach unserer vorangegangenen Betrachtung klinischer Studien zu vertikalen Mäusen wenden wir uns nun der Kraftmechanik zu. Dieser Bericht fasst die wegweisende Studie von Bach, Keir und Rempel aus dem Jahr 1998 zusammen : „Fingerspitzenbelastung und Karpaltunneldruck: Unterschiede zwischen einer Greif- und einer Druckaufgabe“ .
Diese Studie ist besonders relevant für die Debatte um die „vertikale vs. Standard“-Maus, da sie den spezifischen biomechanischen Unterschied zwischen den beiden Geräten herausarbeitet: den nach unten gerichteten „Druck“ versus den seitlichen „Zwicken“.
Quelle: CDC Stacks / Journal of Orthopaedic Research
Studienmethodik: Definition der "neutralen" Ausgangslage
Um die Auswirkungen von Bewegungen präzise zu messen, ermittelten die Forscher zunächst eine Ausgangshaltung. Diese Ausgangshaltung entspricht bemerkenswerterweise weitgehend der Geometrie moderner vertikaler Mäuse.
„Zunächst wurde für jede Versuchsperson die Unterarm- und Handgelenkshaltung ermittelt, die mit dem geringsten Karpaltunneldruck einherging. Die nachfolgenden Aufgaben begannen mit dieser Haltung, die annähernd einer neutralen Handgelenksposition mit 45° Pronation entsprach. Die Versuchspersonen führten dann zwei Aufgaben durch: Drücken eines Kraftaufnehmers mit dem Zeigefinger und Einklemmen des Aufnehmers zwischen Zeigefinger und Daumen.“
Zusammenfassung in einfacher Sprache
Die Forscher testeten keine extremen oder unnatürlichen Winkel. Sie positionierten die Arme der Probanden in einem 45°-Pronationsgrad – einem Winkel, der beim Händeschütteln als ergonomisch gilt. Entscheidend war, dass die Probanden selbst innerhalb dieses „idealen“ Winkels zwei verschiedene Aktionen ausführen sollten:
- Drücken: Eine Kraft nach unten ausüben (ähnlich einem normalen Mausklick).
- Kneifen: Kraft ausüben durch Zusammendrücken von Daumen und Zeigefinger (ähnlich dem Stabilisierungsgriff, der für eine vertikale Maus erforderlich ist).
Ergebnisse: Das „Doppeldruck“-Phänomen
Die Studie maß den intrakarpalen Kanaldruck (ICCP) , um die Reaktion des Nervus medianus auf zwei unterschiedliche Aufgaben zu ermitteln. Die Daten zeigten einen signifikanten Unterschied zwischen Drücken und Kneifen.

Dem Originaltext zufolge:
„Der mittlere Druck in der Position mit dem niedrigsten Druck (Ruhedruck im Karpaltunnel) betrug 5,5 ± 0,9 mmHg… Bei Einnahme der Druck- und Kneifpositionen (d. h. unbelastet) stieg der Druck auf 7,8 mmHg… bzw. 14,2 ± 2,2 mmHg… an.“
„Der Druck im Karpaltunnel nahm mit der Belastung der Fingerspitzen zu (p = 0,0001). Die Druckwerte beim Spitzgriff waren etwa doppelt so hoch wie die beim Fingerdrücken.“
Datenanalyse
Die Ergebnisse verdeutlichen einen klaren physiologischen Nachteil des bei vertikalen Mäusen verwendeten "Kneif"-Mechanismus:
- Haltungskosten: Schon bevor irgendeine Kraft angewendet wurde (unbelastet), erhöhte allein das Formen der Hand in eine "Kneif"-Haltung den Nervendruck auf 14,2 mmHg , verglichen mit nur 7,8 mmHg bei der "Press"-Haltung.
- Aktivitätskosten: Sobald eine Kraft angewendet wurde, war der durch Kneifen erzeugte Druck etwa 200 % höher (doppelt so groß) als der durch Drücken erzeugte Druck, selbst wenn die äußere Kraft identisch war.
Diskussion: Klinische Implikationen des Griffstils
Die Autoren der Studie kamen zu dem Schluss, dass die Art des Griffs ein wichtiger Indikator für den Druck im Karpaltunnel ist und möglicherweise die Vorteile des Handgelenkwinkels überlagert.
„Aufgrund des Drucks im Karpaltunnel birgt das Kneifen ein höheres Risiko für einen Venenverschluss als das Drücken mit den Fingern. Bereits relativ geringe Kräfte der Fingerspitzen erhöhen den Druck im Karpaltunnel. Diese Erkenntnisse haben Auswirkungen auf die Gestaltung von Arbeitsabläufen und Werkzeugen.“
Was ist ein Venenverschluss?
Der Begriff „venöser Verschluss“ bezeichnet die Einschränkung oder Blockierung des Blutabflusses aus dem Nervenkanal. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass der „Kneifmechanismus“ – selbst bei geringen Krafteinwirkungen – ein deutlich höheres Risiko für diese Durchblutungsstörung birgt als ein herkömmlicher „Druck“.
Abschluss
Diese Literaturübersicht legt nahe, dass die ergonomische Bewertung über einfache statische „Körperhaltungen“ hinausgehen muss.
Während die „Handschlag“-Position (45° Pronation) theoretisch für die Skelettausrichtung sinnvoll ist, zeigen die Daten von Bach et al. (1998) , dass sich der Innendruck auf den Nervus medianus verdoppeln kann, wenn für die Aufrechterhaltung dieser Position ein Pinzettengriff erforderlich ist.
Bei Patienten mit bereits bestehendem Karpaltunnelsyndrom sollte das klinische Ziel darin bestehen, einen neutralen Winkel zu erreichen , ohne die statische Belastung eines Spitzgriffs einzuführen.
Referenzen
Bach, JM, Keir, PJ & Rempel, DM (1998). „Fingerspitzenbelastung und Karpaltunneldruck: Unterschiede zwischen einer Pinch- und einer Pressaufgabe.“ Journal of Orthopaedic Research , 16(1), 112–115.
Vollständigen Text anzeigen (CDC-Stacks)